Hotels im Wandel: „Hardcore-Training in Sachen Flexibilität“

Hotels im Wandel: „Hardcore-Training in Sachen Flexibilität“

Hotels im Wandel: „Hardcore-Training in Sachen Flexibilität“
Hotels befinden sich angesichts der Pandemie im steten Wandel. Copyright: Ph B on Unsplash

Die Assetklasse Hotel wurde lange Zeit als großer Verlierer der Corona-Pandemie abgeschrieben. Nun zeigt sich aber, dass Häuser mit durchdachten Konzepten gefragter sind denn je. Große Marken zeigen sich zudem mit guten Jahresergebnissen.

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Hotels haben während der Pandemie sehr stark gelitten, nun geht es wieder aufwärts. Gute Nachrichten gibt es fast täglich. Im Februar eröffnete beispielsweise das neue Staycity Aparthotel in Gateway Gardens, Premier Inn konnte für das 35. Haus in Deutschland die Türen in Nürnberg aufschließen. „Wir haben gute Start-Voraussetzungen und wir sind optimistisch, dass sich die Corona-Situation schon in wenigen Wochen so entwickelt, dass eine hohe Auslastung möglich ist“, sagte Inge Van Ooteghem, Chief Operating Officer von Premier Inn Deutschland. Optimistisch schaut man für das neue Wyndham Garden Munich Messe in die Zukunft. Ebenfalls in der bayerischen Metropole wächst die Hotelbetriebsgesellschaft Primestar Group weiter: mit einem über 500 Zimmer großen dualen Marken-Komplex Holiday Inn Express / Hampton by Hilton.

Quartalszahlen des Assets Hotel deuten auf Erholung hin

Dazu kommen mehr als optimistische Quartalszahlen. So konnte Marriott im vierten Quartal trotz Corona seinen Umsatz weltweit auf 4,45 Milliarden Euro steigern und damit im Jahresvergleich mehr als verdoppeln. Vor einem Jahr hatte die Corona-Krise das Geschäft lahmgelegt und es fiel ein Verlust von 164 Millionen Dollar an. Die Quartalszahlen übertrafen die Erwartungen deutlich. Die britische Hotelkette InterContinental Hotels Group konnte den Umsatz im Jahr 2021 um 21 Prozent auf 2,91 Milliarden Dollar steigern.

Bei der Konkurrenz ein ähnliches Bild: Hilton fuhr einen guten Umsatz ein, die Erlöse lagen bei über 147 Millionen Dollar. Nur gibt es hier ein aber: Der Umsatz pro verfügbarem Zimmer lag zuletzt immer noch rund 14 Prozent unter dem Vergleichswert von 2019. Zugleich verkünden viele Unternehmen einen strikten Expansionskurs. Die Radisson Hotel Group (RHG) setzte ihren Wachstums- und Entwicklungsplan mit knapp 200 Unterzeichnungen im Jahr 2021 fort, für 2022 lautet das Ziel: 400 neue Hotels in EMEA (Wirtschaftsraum Europa-Arabien-Afrika) und Asien unter Vertrag nehmen. B&B Hotels eröffnete 2021 15 Hotels in Deutschland sowie zwei in Österreich. Die Hotelbelegung 2021 lag bei 43 Prozent und somit drei Prozent über der des Vorjahres.

Auslastung und ADR der Hotels erholen sich weiter

Eine positive Stimmung verbreitet auch die Monatsbefragung des Deutschen Hypo Immobilienklimas. Im Februar zeigte die einen Aufwärtstrend für die Assetklasse. Die rund 1.200 Immobilienexperten bewerten das Klima insgesamt besser als zum Jahresanfang, es stieg um 1,7 Prozent. Während Logistik und Office negative Stimmungswerte verzeichneten, konnte für Hotels eine Stimmungsaufhellung um 4,4 Prozent konstatiert werden.

Martin Schaffer: Besonders die Themen Flexibilität und Planbarkeit sind die großen Herausforderungen. Copyright: mrp Hotels
Martin Schaffer: "Besonders die Themen Flexibilität
und Planbarkeit sind die großen Herausforderungen."

Copyright: mrp Hotels

Basierend auf den globalen Daten von STR im Herbst 2021 haben Freizeitreisen dazu geführt, dass sich die Auslastung der deutschen Hotels im Vergleich zum Jahr 2019 um 65 bis 70 Prozent und die ADR (durchschnittliche Mieteinnahmen pro bezahltem Zimmer) um 70 bis 80 Prozent erholt haben. Die Nachfrage nach Ferien- und Wellnesshotels auf dem Land mit umfassendem Serviceangebot steigt, Stadthotels mit Fokus auf Firmenkunden und den MICE-Markt erholen sich langsamer.

Die Unternehmensberatung mrp Hotels hat den Markt analysiert und die Herausforderungen konkretisiert, versehen mit einer Überschrift, die voller Pathos ist: zwischen Aufbruch- und Weltuntergangsstimmung. „Besonders die Themen Flexibilität und Planbarkeit sind für alle Befragten zu den größten Herausforderungen geworden – sowohl für Betreiber, Eigentümer aber auch Projektentwickler und Investoren sind Prognosen schwierig bis unmöglich geworden“, sagt Martin Schaffer, Geschäftsführender Partner bei mrp hotels.

Hier in der Kurzform weitere Punkte der mrp-Hotel-Marktanalyse:

„Aus heutiger Sicht gehen wir davon aus, dass sich die B-Städte sogar schneller erholen werden als A-Städte. Insgesamt geht es darum, dass die Branche jetzt kreative, unkonventionelle Produkte finden muss, die attraktiv sind und so den Recovery-Prozess beschleunigen“, so Martin Schaffer. Entscheidend für viele Investoren sei die flexiblere Gestaltung der Hotels: Sowohl im Bereich des laufenden Betriebes wie auch in der Gestaltung der Immobilie selbst werden sich neue Konzepte etablieren, die sich an die jeweiligen Gegebenheiten mit einem vergleichsweise niedrigeren Aufwand anpassen lassen.

Personalmangel als eines der Probleme der Zukunft

Von „Hardcore-Training in Sachen Flexibilität“ spricht Tobias Berghäuser, Managing Director KPM Hotel und Residences. Das gilt für kurzfristiges Handeln, für die Preisfindung, für die Ressourcen- und Personalplanung. Der Personalmangel ist aufgrund der Unsicherheit der Arbeitsplatzsituation der Mitarbeiter so akut wie noch nie, es fehlt an qualifiziertem Personal. Dies hat gravierende Auswirkungen auf die Kosten, die wie die Energiepreise massiv im Steigen begriffen sind. Kaum eine Chance sieht die Hotellerie allerdings, diese Steigerungen proportional an den Gast in Form von höheren Zimmerpreisen weiterzugeben.

Und so „probieren“ die Unternehmen beispielsweise die Vier-Tage-Woche, um dem Wunsch nach Work-Life-Balance der Mitarbeiter nachzukommen. Ab 1. April 2022 wird für alle Angestellten in den elf Häusern der 25hours Hotels und dem Hamburger Büro der Management-Gesellschaft genau dies auf freiwilliger Basis eingeführt. Im Testzeitraum von November 2021 bis Februar 2022 nahmen rund 80 Prozent der Angestellten am Pilotprojekt teil. Besagte Kollegen seien spürbar ausgeglichener und produktiver, heißt es aus dem Unternehmen.

Auf der Development- und Investment-Seite spielen neue Projektideen eine Rolle, deren Platzierungen komplizierter geworden sind. Die Ursache liegt darin, dass praktikable Pauschalaussagen und Einschätzungen schwierig bis unmöglich geworden sind. Hannibal Dumont Schütte, Gründer und Geschäftsführer Stayery, sieht die Expansion nicht nur durch verschärfte Bedingungen bei Bankenfinanzierungen erschwert: „Gute Lagen sind rares Gut, die Baukosten steigen weiter exponentiell.”

Umwidmungen in Apartments und Wohnungen nehmen zu

Bereits laufende Hotelentwicklungen müssen neu bewertet werden, zahlreiche Investoren und Projektentwickler planen ihre Projekte um und transformieren diese Richtung Apartments oder Wohnungen. „Hotelentwicklungen neu zu bewerten und auf einen digitalen sowie hybriden Entwicklungsprozess umzustellen” identifiziert Dietmar Ploberger, Senior Project Manager Signa Real Estate Management GmbH, als eine der wesentlichen Veränderungen, auf die sich auch sein Unternehmen einstellt.

Laut Torsten Kuttnig, Director Development ECE Work & Live GmbH, wünschen sich die Betreiber eine stärkere Verteilung der Risiken – beispielsweise bei einem Umsatzausfall durch verordnete Schließungen. Risikoaverse und institutionelle Investoren, die durch Regularien der Risikovermeidung gebunden sind, haben in diesem Marktumfeld kaum Möglichkeiten zu agieren. Dies eröffnet Private Equity und Family Offices die Möglichkeit, in den Markt einzusteigen. Allerdings bremsen sehr unterschiedliche Preisvorstellungen von Eigentümer und Interessent sowie ausgebliebenen Fire-Sales das Transaktionsgeschehen.

Die Tradition Hotel lebt - und punktet mit Überraschungen

Trotz der eher unsicheren Zukunft lebt die Tradition Hotel. Das zeigt beispielsweise die angesehene Hoteliersfamilie Kolb, die im Zentrum von Wangen im Allgäu aus dem Hotel Baumgarten das 4K-Hotel macht. Die Historie des Gebäudes bleibt, innen passt es sich den neuen Herausforderungen an: hochwertige Materialien, digitalisierte Abläufe, moderne Heiz-, Klima- und Belüftungssysteme, nachhaltige Energiegewinnung durch Geothermie.

Dieses Haus ist wie ein Spiegelbild des Marktes, will mit Vielseitigkeit punkten. Die knapp 80 Zimmer teilen sich in vier Kategorien, davon sechs Long-Stay Apartments. Dazu kommen zwei trennbare Konferenzräume, Co-Working Spaces, ein Fitnessbereich, Restaurant und eine Dachterrasse. Inhaber Peter Kolb sagte gegenüber tageskarte.io: „Wir liefern das Erwartbare eines Lifestyle-Hotels in Perfektion. Bis ins Detail. Und dann denken wir eine Überraschung weiter. Mit Herzblut, Luftigkeit und ganz viel Hotel-Erfahrung, schaffen wir unkomplizierte Erlebnisse.“    

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