Die Kehrseite des Wachstums: Wohnungsmarkt Erfurt

Die Kehrseite des Wachstums: Wohnungsmarkt Erfurt

Die Kehrseite des Wachstums: Wohnungsmarkt Erfurt
Erfurt aus Richtung Krämerbrücke. Bildquelle: 2182694 auf Pixabay

Je enger es in den Top Sieben wird, umso mehr treten B- und C-Lagen aus dem Schatten ins Licht: verfügbare Flächen, gesunde Mieten, nennenswerte Renditen, kooperative Kommunen. Ganz Mitteldeutschland ein Schlaraffenland? Die Kehrseite des Wachstums thematisiert Dr. Tobias J. Knoblich, Beigeordneter für Kultur und Stadtentwicklung der Landeshauptstadt Erfurt.

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Dr. Tobias J. Knoblich. Bildquelle: Dirk Urban / Stadtverwaltung Erfurt
Dr. Tobias J. Knoblich. Bildquelle: Dirk Urban / Stadtverwaltung Erfurt

IMMOBILIEN Aktuell: Ist der Wohnungsmarkt in Erfurt entspannt?

Dr. Tobias J. Knoblich: Leider nein. Wir haben zwar nicht die Extreme wie in München, Berlin oder anderen Großstädten, doch kann die Lage in Erfurt je nach Segment und Preisklasse der Wohnungen als angespannt, teilweise durchaus dramatisch eingeschätzt werden. Gerade die Nachfrage im mittleren Preissegment ist weit höher als das Angebot. Bei Mieten von 5,50 bis acht Euro pro Quadratmeter, die im Erfurter Altbestand aufgerufen werden und als bezahlbar gelten, ist die Nachfrage immens.

IMMOBILIEN AKTUELL: Gibt es Segregation, wie eine Sozialstudie der Universität Erfurt unlängst darlegte? Und: Was kann dagegen unternommen werden?

Dr. Tobias J. Knoblich: Natürlich, wir beobachten das intensiv und steuern dagegen, soweit wir das können. Die Angebotsmieten sind in Erfurt stark ausdifferenziert. Hier spielt vor allem das DDR-Erbe eine wichtige Rolle: In vom Krieg weniger zerstörten Städten wie Potsdam und Erfurt entstanden außerhalb der relativ gut erhaltenen Bausubstanz größer dimensionierte Plattenbaugebiete, die sich von den restaurierten, inzwischen hochattraktiven Innenstädten in ihrer Güte extrem stark unterscheiden. Suburbanisierung und genereller Bevölkerungsrückgang in den Jahren nach der Wiedervereinigung haben diese Grunddisposition zusätzlich verstärkt.

Inzwischen wächst Erfurt aber wieder, und zwar viel stärker als prognostiziert worden war. Wir haben verschiedene Lösungsansätze gefunden, der Segregation entgegenzuwirken: erhebliche Investitionen von Städtebau- und Wohnungsbaufördermitteln in Plattenbaugebiete zu deren Aufwertung, innovative oder auch experimentelle Wohnprojekte zur Steigerung der sozialen Durchmischung innerhalb der Großsiedlungen oder aktuell und für Ostdeutschland beispielhaft die Entwicklung eines Baulandmodelles. Damit kann neuer geförderter beziehungsweise mietpreisgebundener Wohnraum über das gesamte Stadtgebiet verteilt entstehen.

IMMOBILIEN AKTUELL: Das Erfurter Baulandmodell soll zukünftig für preiswerten Wohnraum mit einer 20-Prozent-Klausel sorgen. Welche konkreten aktuellen Projekte betrifft das?

Dr. Tobias J. Knoblich: Es betrifft alle planbedürftigen Wohnungsbauvorhaben im Geschosswohnungsbau ab einer Wohnfläche von 3.500 Quadratmetern entsprechend der beschlossenen Stichtagsregelung zur Anwendung der Richtlinie. Ländliche Lagen mit schlechter Infrastrukturausstattung oder Großwohnsiedlungen unterliegen nicht dem Baulandmodell. Aktuelle erste Vorhaben sind zum Beispiel das Wohnen am Bürgerpark, das Wohngebiet Peter-Vischer-Weg oder etwa die Wohnanlage Nordhäuser Straße / Europaplatz.

IMMOBILIEN AKTUELL: Gerade wird das erste Betonfertigteilwerk der European Modular Constructions GmbH (kurz: EMC) in Ihrer Stadt errichtet. Welche Bedeutung messen Sie dem seriellen Bauen zu?

Dr. Tobias J. Knoblich: Mit dem seriellen Bauen – denken wir etwa an das bereits genannte typisierte Bauen der DDR – gibt es unterschiedliche Erfahrungen. Ich denke, man muss ein Maß finden und darf keine öden Siedlungen entstehen lassen. Unser Ziel ist es, Wohnquartiere zu entwickeln, die nachhaltig für alle Teile der Gesellschaft attraktiv sind. Das erfordert individuelle städtebauliche und architektonische Lösungen. Aber es gibt sehr unterschiedliche technologische Ansätze und Mischformen am Markt, die kostengünstiges Bauen ermöglichen und die erforderliche Flexibilität gewährleisten. Welcher Technologien sich die Bauherren zur Erreichung dieser Ziele bedienen, ist dabei aus Sicht der Stadt nachrangig. Gleichwohl müssen wir für Qualitätssicherung sorgen, wo immer wir das können.

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