Sozialgerechte Bodennutzung novelliert: Wird München zur Wohn-Monokultur?

Sozialgerechte Bodennutzung novelliert: Wird München zur Wohn-Monokultur?

Sozialgerechte Bodennutzung novelliert: Wird München zur Wohn-Monokultur?
Thomas Aigner sieht mit der Novellierung der Sozialgerechten Bodennutzung große Probleme auf München zukommen. Copyright: (links) Michael Siebert auf Pixabay; (rechts) Aigner Immobilien GmbH

Die Sozialgerechte Bodennutzung (SoBoN) ist ein wichtiges Instrument im Münchner Wohnungsbau, das bei allen Bebauungsplänen angewendet wird, die Kosten und Lasten auslösen und zu einer deutlichen Bodenwertsteigerung für die planungsbegünstigten Eigentümer führen. Ziel ist eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Stadt, Investoren, der Bauwirtschaft und Eigentümern. Am 28. Juli 2021 wurde die SoBoN novelliert und um ein Baukastenmodell erweitert. Thomas Aigner, Geschäftsführer der Aigner Immobilien GmbH, erklärt in einem Kommentar, warum das fatale Auswirkungen haben könnte.

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Als die Sozialgerechte Bodennutzung 1994 in München eingeführt wurde, waren die Ziele klar: Man wollte preisgedämpften Wohnraum schaffen und eine soziale Mischung in Neubaugebieten garantieren. Die Sozialgerechte Bodennutzung verpflichtet Bauträger, Projektentwickler und Investoren, bei neuen Wohnbauvorhaben einen gewissen Anteil – damals lag dieser bei 30 und seit 2017 bei 40 Prozent – an gefördertem Wohnraum zu errichten und sich an den Infrastrukturkosten zu beteiligen. Das Modell mit all seinen Auswirkungen ist zu Recht von jeher umstritten. Doch die Konsequenzen der jetzigen Verschärfung werden nicht mehr nur umstritten, sie werden fatal sein!

Sozialgerechte Bodennutzung wird verschärft

Künftig müssen in großen Baugebieten 80 Prozent der neugebauten Wohnungen Mietwohnungen sein, davon 20 Prozent frei finanziert. Die 60 Prozent der preisgedämpften Wohnungen haben nun eine erhöhte Bindungsdauer von 40 Jahren (statt wie bisher 25 Jahre). Nur noch 20 Prozent der gebauten Einheiten dürfen einzeln als Eigentumswohnungen verkauft werden. Zudem wird der Infrastrukturkostenbeitrag von 100 auf 175 Euro pro Quadratmeter Geschossfläche erhöht.

Wohnraumproblem in München wird verschärft

Für Mieter klingt das erst mal gut. Allerdings wird die jetzt beschlossene Novellierung das Wohnraumproblem in unserer Stadt für alle verschärfen, weil sich der Wohnungsbau dadurch deutlich verteuert. Gleichzeitig können die Kosten nicht mehr aufgefangen werden, da die Refinanzierungsmaßnahmen wegbrechen. Bauen in Deutschland ist ohnehin schon kostenintensiv durch eine Vielzahl an Regularien und Auflagen. Seit der Corona-Krise kommen erhöhte Ausgaben durch Materialknappheit hinzu. Wenn jetzt noch regionale Regeln wie die verschärfte SoBoN in München fast nur noch preisgedämpften Mietwohnungsbau zulassen, wird der dringend notwendige Neubau nicht nur erheblich eingeschränkt – er wird quasi unmöglich gemacht, da er nicht mehr wirtschaftlich ist.

Die Folge: Bauträger und Projektentwickler werden sich aus dem Wohnungsbau komplett zurückziehen und sich auf den Gewerbeimmobilienmarkt konzentrieren. Oder sie verlassen die Landeshauptstadt und bauen Wohnraum in anderen Städten beziehungsweise im Umland. Genau das kann man zum Beispiel in Frankfurt beobachten, wo die Anzahl der frei verkäuflichen Eigentumswohnungen auf 30 Prozent geschrumpft ist: Laufende Projekte wurden noch abgeschlossen, neue kamen nicht mehr nach.

 

🎧 Thomas Aigner im Podcast über den Immobilienmarkt München 🎧

 

SoBoN als Abschreckungsmaßnahme für privaten Wohnungsbau

Somit ist die Neuregelung der Münchner SoBoN vollständig zur Abschreckungsmaßnahme für den privaten Wohnungsbau geworden. Das sieht man schon daran, dass sich die Regierenden in der Vergangenheit beim Thema SoBoN-Änderungen stets mit den Akteuren der Immobilienwirtschaft zu Verhandlungen und Diskussionen zusammengesetzt haben.

Diesmal blieb der Dialog nahezu vollständig aus, und das verwundert nicht: Mit den neuen Beschlüssen wird all jenen, die in den äußerst dringend benötigten Wohnungsbau investieren und Wohnraum schaffen, im Grunde die Geschäftsgrundlage entzogen. Wer jetzt darüber jubelt, dass die „bösen Investoren“ mal ordentlich einen vor den Bug bekommen, zeigt damit nur, dass elementare Zusammenhänge der Marktwirtschaft nicht verstanden wurden. Doch das rächt sich auch für die, die applaudieren.

Nebenwirkungen der novellierten SoBoN treffen auch Mieter

Die „Nebenwirkungen“ der neuen Sozialgerechten Bodennutzung sind enorm: Die Immobilien- und Grundstückspreise werden steigen, da das bisherige, ohnehin schon dünn gesäte Angebot weiter verknappt wird. Mit voller Wucht trifft das all die vielen Menschen, die in München eine Eigentumswohnung zur Altersvorsorge erwerben oder aus ihrem Mietverhältnis raus möchten.

Na und?, wird sich der ein oder andere jetzt denken. Hauptsache, die Mieten sind bezahlbar.

Genau das aber könnte sich am Ende des Tages als Trugschluss erweisen – nicht nur für jene Mieter, die keinen Anspruch auf eine Sozialwohnung haben. Wenn niemand mehr bauen möchte unter diesen unrentablen Bedingungen, wer soll in Zukunft eigentlich den preisgedämpften Wohnraum errichten? Denn auch für Genossenschaften ist Bauen in Deutschland nicht gerade ein billiges Vergnügen. Wie absurd diese ganze Entwicklung ist, wird sich zudem noch an ganz anderer Stelle zeigen. Mit dem immens hohen Anteil an Sozialwohnungen hebelt die neue SoBoN auf Dauer ihr ureigenes Ziel aus: die gewünschte soziale Mischung in Wohnbaugebieten. München wird so sukzessive zu einer „Wohn-Monokultur“.

Wird München zur „Wohn-Monokultur“?

Man kommt nicht umhin, zu glauben, dass die Stadt München offensichtlich nur noch Mieter als Bewohner haben möchte. Menschen mit Eigentum beziehungsweise dem Wunsch danach werden durch solche Maßnahmen verdrängt. Die Botschaft dahinter birgt Sprengkraft: Alle Immobilieneigentümer sind entweder verachtenswert reich oder geldgierige Investoren. Mit Verlaub! Das ist eine Verzerrung der Wirklichkeit aufgrund eines Schwarz-Weiß-Denkens, das die Immobilienwelt einteilt in „die Guten“ und „die Bösen“.

Natürlich ist es wichtig, preisgedämpften Wohnraum zur Verfügung zu stellen und etwas gegen steigende Preise zu unternehmen. Doch die gewählten Mittel sind vollkommen eindimensional und destruktiv. Diejenigen, die Wohnraum bereitstellen, brauchen Rückenwind und keinen Orkan, der die Grundlage zerstört. SO löst man das Wohnraum-Problem sicher nicht!

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