Jörn Zurmühlen ist Vorstand der Real Exchange AG und hat langjährige Erfahrung im Bereich der institutionellen Immobilienanlage. Im Interview spricht er über Unit Deals, deren Vorteile und einen Engpass.
IMMOBILIEN AKTUELL: In jedem Marktbericht ist von Angebotsknappheit zu lesen, dazu ist sehr viel Geld auf dem Markt. Wie kann ersteres ausbalanciert werden, damit zweiteres zielführend angelegt werden kann?
Jörn Zurmühlen: Unser Geheimnis ist nicht, dass wir neue Produkte auflegen, sondern, dass wir einen intelligenten Weg aufzeigen, bestehende Immobilienfonds effizienter zu handeln. In der Vergangenheit war es so, dass Immobilien über einen Makler ausgeschrieben wurden: Es gab einen Pitch, ein strukturiertes Bieterverfahren und einen Preisvergleich, um den bestmöglichen Käufer zu finden. Dies geschieht immer unter Abwägung des besten Kaufpreises und der größten Deal-Sicherheit. Wir handeln mit den Anteilen an bestehenden Immobilienfonds, was zu deutlichen Vorteilen in beiden Aspekten führt. Wir wollen den Sekundärmarkt für Anteile an offenen Immobilien-Spezialfonds etablieren.
IMMOBILIEN AKTUELL: Das bedeutet, dass Sie ein Wertpapiergeschäft machen und nicht mit Immobilien handeln?
Jörn Zurmühlen: Ja. Der Vorteil ist bei einem regulierten Produkt, dass der Eigentümer der Immobilie nicht wechselt, das Grundbuch damit nicht angefasst wird. Das ist ähnlich wie an der Börse: Wenn man eine Aktie kauft, dann erwirbt man nur den Anteil am Unternehmen, in unserem Fall den Anteil am Immobilienfonds beziehungsweise Sondervermögen. Die Eigentümerstrukturen bleiben wie vorher formal bei der Kapitalverwaltungsgesellschaft. Dies bezeichnen wir als Unit Deal.
IMMOBILIEN AKTUELL: Welche Vorteile ergeben sich daraus?
Jörn Zurmühlen: Es werden deutlich Transaktionskosten gespart und die Dealsicherheit erhöht sich. Dazu kommt, dass die Kapitalverwaltungsgesellschaft ihr betreutes Immobilienvermögen nicht verliert.
IMMOBILIEN AKTUELL: Was heißt deutlich?
Jörn Zurmühlen: Wir haben das an 15 Fallbeispielen durchgerechnet. Das ist natürlich von Fall zu Fall individuell verschieden. Insgesamt liegen die Vorteile jedoch zwischen sechs und 15 Prozent gegenüber dem Asset Deal. Das kann beliebig skaliert werden. Dabei ist es egal, ob es um 50 oder 500 Millionen geht. Der Effekt bleibt gleich. Ein Vorteil ist beispielsweise, dass es keine Fälligkeitsvoraussetzungen für Fremdfinanzierungen gibt.
IMMOBILIEN AKTUELL: Wohnimmobilien bleiben weiter angesagt?
Jörn Zurmühlen: Das kann man so nicht sagen. Wer immer in Wohnen investiert hat, wird es auch weiterhin tun. Die Frage ist nur, wie intelligent man das macht. Wir erweitern nicht den Markt, sondern die Markteffizienz.
IMMOBILIEN AKTUELL: Können Sie Zahlen nennen zu den Volumina, die bereits heute am Zweitmarkt gehandelt werden?
Jörn Zurmühlen: Im vergangenen Jahr gab es nach unserer Beobachtung ein Volumen von etwa 1,5 Milliarden Euro bei Fonds-Umplatzierungen. 2019 wird es in einer vergleichbaren Größe sein. Offizielle Statistiken hierzu existieren leider nicht.
IMMOBILIEN AKTUELL: Wie schätzen Sie das Marktpotential ein?
Jörn Zurmühlen: Es ist ein sehr diskretes Geschäft. Es gibt ein paar wenige Deals, die pro Jahr kommuniziert werden. Wir glauben außerdem, dass, wenn der Markt sich normal weiterentwickelt, die Zahl auf vier bis fünf Milliarden bei offenen Spezialfonds steigt. Als ergänzende Einordnung noch folgende Zahlen: Im Moment liegt das Volumen in Deutschland ungefähr bei 110 bis 115 Milliarden Euro, die als offene Spezialfonds gemanagt werden. Vor zehn Jahren waren das etwa 30 Milliarden, was die Steigerung deutlich zeigt. Der Markt wächst jährlich also um etwa 15 Milliarden. Dazu kommen circa fünf Milliarden pro Jahr an Rückläufern.
IMMOBILIEN AKTUELL: Wie wirkt sich die aktuelle Marktentwicklung auf Ihr Geschäftsmodell aus?
Jörn Zurmühlen: Bei einer zunehmenden Steigerung der Preise ist es immer sinnvoller, sich mit dem Unit Deal zu beschäftigen. Die ersten positiven Erfahrungen, die jetzt gelaufen sind, vergrößern die Marktakzeptanz. Wenn dann der Markt eines Tages kippt, wird man den Unit Deal brauchen. Um gleich die Frage vorweg zu nehmen: Wann das sein wird, können auch wir nicht vorhersehen.
IMMOBILIEN AKTUELL: Wer wird im Falle der Veränderung auf Sie zukommen?
Jörn Zurmühlen: Vor allem institutionelle Investoren, Banken und Sparkassen, die aus ihren Fondsbeteiligungen aussteigen müssen, weil sie zum Beispiel ihre Immobilienquote überschritten haben. Dort gibt es dann einen Flaschenhals. Darauf bereiten wir uns vor. Wir erwarten dann noch einmal eine Steigerung unseres Geschäftse, wenn die Zinsen erhöht werden. Die Anreize, einen Unit Deal zu machen, werden bis dahin ansteigen. Das hängt zum einen, wie bereits angesprochen, mit der größeren Akzeptanz zusammen, zum anderen mit dem Druck auf die Preise.
IMMOBILIEN AKTUELL: Denken die anderen Marktteilnehmer auch darüber nach?
Jörn Zurmühlen: In Gesprächen mit Kapitalverwaltungsgesellschaften haben wir gesehen, dass es tatsächlich so ist. Gerade jene brauchen uns bei Zinserhöhung, weil sie einen Interessenkonflikt haben. Sie betreuen Käufer und Verkäufer. Im Moment sind es keine Notverkäufe, sondern viel mehr strategische Optimierungen, die stattfinden. Das Dual Tracking setzt sich immer mehr in den Köpfen fest.
IMMOBILIEN AKTUELL: Real Exchange wurde erst Anfang 2019 gegründet. Wie viele Mitarbeiter haben Sie derzeit?
Jörn Zurmühlen: Momentan sind es acht, bis zum Jahresende sollen noch zwei Mitarbeiter dazu kommen.
Über die Real Exchange AG (REAX)
Das Unternehmen ist Spezialist für Anlagevermittlung und -beratung institutioneller Immobilienanlagen.
Die drei REAX-Vorstände haben langjährige Erfahrung im Bereich der institutionellen Immobilienanlage und weisen zusammen einen Track Record von mehr als 4 Milliarden Euro realisierter Immobilientransaktionen auf. Heiko Böhnke verantwortete seit 2014 den Fondsvertrieb für institutionelle Investoren der Catella Real Estate und war davor in vergleichbarer Funktion unter anderem bei der Hamburger Sparkasse tätig. Jörn Zurmühlen war zuvor über 25 Jahre lang im Portfoliomanagement institutioneller Immobilieninvestoren tätig, davon rund zehn Jahre in der Immobilienanlage von Versicherungsunternehmen. Knapp 25 Jahre lang wirkte Ulrich Nack als Immobilien-Investmentmanager, davon 14 Jahre als Geschäftsführer global investierter Unternehmen.
Gründungsgesellschafter der REAX sind die HIH Invest Real Estate GmbH (75,1 Prozent) und die INTREAL International Real Estate Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH (24,9 Prozent).