Werden immer mehr Hotels zu Serviced Apartment-Betrieben?

Werden immer mehr Hotels zu Serviced Apartment-Betrieben?

Werden immer mehr Hotels zu Serviced Apartment-Betrieben?
Ein Apartment in einem Stay-Kooook-Haus. Copyright: JOI-DESIGN

Wo die klassische Hotellerie derzeit schwarz sieht, blickt ihr Teilsegment der Serviced Apartments seit 2020 auf viel Grau bis Hellgrau. Folgt nun ein großes Umswitchen in der Hotellerie Richtung Apartmentwohnen? Die Serviced Apartment-Anbieter bleiben entspannt und selbstbewusst.

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Kaum machte die Bundesregierung im Januar 2021 das Homeoffice von der Kür zur gewissen Pflicht, schickten bereits einige Hotels und Buchungsplattformen ihre Office-im-Hotel-Angebote an potenzielle Büro-Flüchtlinge. Nicht zum ersten Mal, aber doch erst seit dem Corona-Ausbruch 2020, um mitten im Lockdown und während des touristischen Beherbergungsverbotes irgendwie Umsatz zu generieren.

Die gleiche Motivation treibt seit letztem Jahr auch viele Hotelbetreiber mit ihrem neuen Angebot an Langzeitaufenthalten an: ein Zimmer ab vier Wochen mit Bett, Schreibtisch, Bad, keine Küche, oftmals für unter 1.000 Euro im Monat. Als Konzept-, wenn auch nicht Preisvorbild, dienen hierfür Serviced Apartment-Betriebe – das kleine, aber stetig wachsende Segment innerhalb der Hotellerie, das sich in der Pandemie als besonders resilient gezeigt hat.

Serviced Apartmenthäuser und Aparthotels konnten durch ihr obligatorisches Wohnangebot inklusive Küche, den abgeschlossenen Einheiten und meist kontaktlosen Zugängen während der Lockdowns viele bestehende Langzeitgäste halten und neue hinzugewinnen, darunter etliche Gestrandete, Behörden- sowie Klinik- und Pflegemitarbeiter. In der ersten Welle hielten die Betriebe 40 bis 70 Prozent ihrer Auslastung und performen auch jetzt einigermaßen solide weiter – im Gegensatz zu den Hotels, die auf teilweise einstellige Belegungszahlen abgesackt sind und flächendeckend zwischenzeitlich schließen.

Zudem zeigen Serviced Apartment-Betriebe eine größere Widerstandsfähigkeit aufgrund ihrer geringeren Fixkosten durch den weitgehenden Verzicht auf kostenintensive Gastronomie-, Tagungs- und Wellnessbereiche, verbunden mit einem viel geringeren Mitarbeiterbedarf. Oftmals sind sie in flexibleren Gebäuden untergebracht, belegen teilweise nur obere Etagen und zählen teilweise weniger als 50 Einheiten. Gerade die kleinen Serviced-Apartmenthäuser haben bisher am wenigsten unter den corona-bedingten Ausfällen gelitten.

Hotelketten wollen im Extended Stay-Bereich wachsen

Hotel-Player wie 25hours Hotels erhofften sich im letzten Sommer als einer der ersten, mit eigenen Longstay-Angeboten von der Nachfrage bei den Serviced Apartment-Kollegen zu profitieren – trotz fehlender Küche und damit fehlender Selbstversorgungsmöglichkeit. Andere wie me and all (Lindner), CitizenM oder Mélia folgten. Und fragt man aktuell bei einigen internationalen Hotelketten nach, dann werden die eigenen Extended Stay-Brands, die manche schon seit Jahrzehnten im Portfolio haben, einen neuerlichen, großen Erweckungsprozess erleben und damit verstärkt auch Aparthotels, also hotelnahe Objekte mit Küchen in den Zimmern und einem gewissen Gastronomie-Angebot im Haus.

Die Radisson Hotel Group hat bereits im November 2020 angekündigt, ihr Serviced Apartment-Portfolio bis 2025 in der Region Europa, Naher Osten und Afrika (EMEA) mehr als zu verdoppeln. Bereits jetzt machen Serviced Apartments rund zehn Prozent des Radisson-EMEA-Portfolios aus, wobei 45 Immobilien und über 5.400 Einheiten in Betrieb und in der Entwicklung sind.

Accor geht noch weiter und launched gerade weltweit seine großangelegte Living-Strategie. Die bereits bestehenden Extended Stay-Brands Adagio Aparthotel und Adagio Access werden dann ergänzt durch die brandneuen Living-Konzepte für eine Reihe an bekannten Accor-Marken – als Novotel Living, Mövenpick Living, Hyde Living, Swissotel Living, Pullman Living und Mondrian Living. Für Europa ist bisher, laut HVS Research, eine Development-Pipeline dieser Premium-Living-Marken bis 2024 um 1.219 Serviced Apartment-Einheiten vorgesehen.

IHG expandiert mit seiner bestehenden Eigenmarke Staybridge Suites. Quelle: IHG.
IHG expandiert mit seiner bestehenden Eigenmarke Staybridge Suites. Quelle: IHG.

Auch bei IHG hat man bereits vor Corona bei Investoren und Betreibern ein verstärktes Interesse am Segment für Langzeit-Aufenthalte festgestellt und deshalb die bestehende Eigenmarke Staybridge Suites in Europa auf die Reise geschickt. Erst in Großbritannien, seit 2019 zusätzlich in den Niederlanden (Den Haag) und ab 2022 mit der Eröffnung weiterer Häuser auch in Deutschland (Düsseldorf, Berlin), Polen und Portugal. Zudem will IHG das in Asien und Amerika gelaunchte Zimmerprodukt „& Suites“ für die Holiday Inn-Markenfamilie etablieren. Dieses umfasst einen größeren Wohn-/Schlafbereich als in den normalen Zimmern sowie eine Küchenzeile mit Essbereich für längere Geschäftsreisen und Familienurlaube. Ein erster DACH-Standort für ein Holiday Inn Express & Suites wurde 2020 für Basel vertraglich gesichert.

Hyatt wird in Frankfurt an seinen Plänen festhalten und 2024 das Hyatt House Frankfurt Goetheplatz mit 180 Serviced Apartments im Four Frankfurt eröffnen. Vor einem Jahr hat bereits das Hyatt House Frankfurt Eschborn geöffnet.

Das Hyatt House Frankfurt Eschborn. Quelle: Hyatt.
Das Hyatt House Frankfurt Eschborn. Quelle: Hyatt.

Und Marriott International hat bereits vor Corona die Pipeline seiner Residence Inn-Häuser im deutschsprachigen Raum deutlich gestärkt. Seit 2018 stehen zwei neue Häuser in Frankfurt und München als Dual-Brand-Hotel mit Moxy offen. Ende 2020 ist das Residence Inn Essen City mit 92 Serviced Apartments und in Kombination mit Moxy gestartet. Ein weiteres Haus in Hamburg-Altona ist in diesem Jahr mit 52 Einheiten geplant.

Braut sich eine wachsende Konkurrenz für das junge und kleinere Serviced Apartment-Segment zusammen?

„Wir spüren den Druck sowohl aus der Wohnwirtschaft als auch der Hotellerie und kannten diese Mitbewerber-Situation bisher nicht“, sagt Anett Gregorius, Inhaberin des Berliner Beratungs- und Vermittlungsunternehmens Apartmentservice. Deshalb hat sie eine Rechnung aufgemacht, die die möglichen Wenn-Dann-Dimensionen deutlich aufzeigt: „Wenn nur fünf Prozent der Hotels künftig mit Extended Stay-Produkten wachsen würden, erleben wir in Deutschland eine Verdopplung der Gesamtkapazitäten.“

Aktuell gibt es, laut Zählung von Apartmentservice, im Segment 666 Häuser mit rund 35.000 Einheiten (Stand: Ende 2020), diese machen rund vier Prozent innerhalb der Hotellerie aus. Um 43 Prozent soll nach aktuellem Stand das Segment bis Ende nächsten Jahres weiterwachsen – Übernahmen, Rebrandings und Neuentwicklungen in der Hotellerie, die nach dem langen Lockdown folgen könnten, als vage Variable noch nicht eingerechnet.

Dabei macht auch den Serviced Apartment-Betreibern gerade der sinkende Umsatz durch den Lockdown und die unsichere Lage im Geschäftsreisesegment zu schaffen. „Vor allem Frankfurt entwickelt sich zum Sorgenkind, weil hier das Messe-, Tagungs-, Event- und Flughafengeschäft fast vollständig zum Erliegen gekommen sind und zugleich eine große Pipeline in den nächsten ein, zwei Jahren vor dem Start steht“, erklärt Anett Gregorius. Doch ob CR Investment Management, Union Investment oder Pantera – viele Investoren wollen dem Segment mehr als treu bleiben, so der Tenor auf der Fachtagung So!Apart im Dezember 2020.

Das Münchner Startup Limehome mietet Wohnungen an und richtet diese als Apartments zur kurz- und langfristigen Miete ein.Quelle: Limehome GmbH.
Das Münchner Startup Limehome mietet Wohnungen an und richtet diese als Apartments zur kurz- und langfristigen Miete ein.Quelle: Limehome GmbH.

Das ausgereifte Konzept, die Infrastruktur, der große Vorsprung in den Vertriebsstrukturen und der Digitalisierung lassen die Akteure an die Kraft ihres Originals glauben. In einer Blitzumfrage bei der So!Apart 2020 schätzten entsprechend 92 Prozent der Teilnehmer die aktuelle Grundstimmung im Serviced Apartment-Segment als positiv ein, während dies im Dezember nur 44 Prozent in Bezug auf die Gesamtwirtschaft nannten – was für ein Unterschied zur aktuellen Hotellerie.

Und so sind es im Moment auch eher die Serviced Apartment-Betreiber, die das ein oder andere Hotel übernehmen. In München wandeln die Soravia und Denkmalneu (Felix im Lebendigen Haus in Leipzig und Dresden) demnächst vier Hotels im Bahnhofsviertel in Serviced Apartments, Büros und Gewerbeflächen um. In Bern wird Stay Kooook in das denkmalgeschützte Hotel Metropole einziehen, das nach dem Lockdown vom letzten Frühling geschlossen wurde und nun einen Umbau erfährt. Und manche winken wiederum beim Thema Hotelübernahme auch gleich ab: Stark expandierende Anbieter wie Limehome empfinden die Grundrisse in Hotels als zu aufwändig umplanbar, auch weil die Serviced Apartments bei Limehome mindestens 17/18 Quadratmeter Fläche brauchen, daher suchen sie lieber freie Büro-, Gewerbe- oder Wohnflächen. Aber was die meisten gerade eint: Sie wollen wachsen, kaufen, übernehmen. Kapital ist trotz Krise vorhanden, und das Konzept wegen der Krise gefragter denn je. Das sorgt für einen großen Vorsprung gegenüber der klassischen Hotellerie, jetzt und wohl auch in den nächsten Jahren.

Serviced Apartments und die Corona-Krise – Anett Gregorius im Interview

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