Ausblick auf den Wohnungsmarkt 2023 im Zeichen von Inflation, Flüchtlingskrise und zu wenig Wohnungsneubau

Ausblick auf den Wohnungsmarkt 2023 im Zeichen von Inflation, Flüchtlingskrise und zu wenig Wohnungsneubau

Ausblick auf den Wohnungsmarkt 2023 im Zeichen von Inflation, Flüchtlingskrise und zu wenig Wohnungsneubau
Hohe Zinsen und Baulandmangel bremsen den Wohnungsbau in Deutschland aus. Copyright: Talpa auf Pixabay

Experten erwarten ein Stagnieren der Inflation mit positivem Einfluss auf die Bauzinsen und damit eine positive Wirkung auf das Marktgeschehen. Sie gehen je nach Zinsentwicklung von Preiskorrekturen bei Immobilienverkäufen aus, nicht aber von einem massiven Preiseinbruch. Durch zu geringen Wohnungsneubau werden weitere Mietsteigerungen erwartet.

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Steigende Zinsen und Baukosten haben zu einem deutlichen Rückgang des Bau- und Transaktionsvolumens geführt. Das bremst den gerade in Schwung gekommenen Wohnungsbau aus: Viele Projektentwickler warten derzeit ab. Doch Emanuel Eckel, Director Marketintelligence & Foresight Germany bei Colliers, geht davon aus, dass nach der aktuellen rezessiven Phase zum Jahresbeginn eine Rückkehr auf den Wachstumspfad in Richtung des zweiten Halbjahrs erfolgen wird.

„Die Unsicherheit und Volatilität wird sinken“, erklärt er als Ausblick auf den Wohnimmobilienmarkt 2023. „Wir rechnen mit einem Rückgang der Inflation.“ Und das könnte sich positiv auf die Zinsentwicklung auswirken. Optimistisch äußert er sich auch in Bezug auf institutionelle Anleger: Nach dem Umsatzeinbruch auf 13,7 Milliarden Euro im vergangenen Jahr erwartet Emanuel Eckel für das Segment ab dem zweiten Halbjahr 2023 eine Erholung. „Das institutionelle Wohnsegment könnte 2023 positiv überraschen. 15, im besten Fall bis zu 20 Milliarden Euro Umsatz scheinen für das Gesamtjahr 2023 realistisch.“

Prognose: Zahl der Haushalte steigt weiter

Der positive Trend des Immobilienklimas der letzten Monate 2022 habe sich auch in den ersten Monaten 2023 fortgesetzt, wie eine Umfrage unter Marktateuren zeigt, die im Deutsche Hypo-Immobilienklima-Index abgebildet wird. Allerdings zeigt sich ein differenziertes Bild: Beim Wohnklima ist der Index auf 100,8 gestiegen und liegt damit höher als beim Büroimmobilienklima und dem Gesamtimmobilienklima. Insbesondere die Wachstumsregionen, also die A-, B- und C-Städte, werden weiter boomen.

Treiber für die Wohnungsmärkte ist nach wie vor die Demografie. Die Prognosen zeigen zwar, dass die Bevölkerung leicht zurückgehen wird. „Im Gegensatz dazu ist aber davon auszugehen, dass die Zahl der Haushalte spürbar steigen wird.“ Für Gesamtdeutschland wird ein Plus von 1,6 Prozent erwartet. Für die A-, B-, und C-Standorte seien sogar Wachstumsraten von drei bis fünf Prozent prognostiziert. „Für die A-Städte sind das über 300.000 Haushalte, die zur aktuellen Zahl on-top noch draufkommen.“ Die B- und C-Städte lägen bei einem Zuwachs von 200.000 Haushalten in den nächsten Jahren.

Bis Ende 2023 werden 600.000 neue Haushalte entstehen

Hinzu kommt Druck auf den Wohnungsmarkt durch den Zuzug von Flüchtlingen, insbesondere aus der Ukraine. In den ersten elf Monaten des vergangenen Jahres sind etwa 2,4 Millionen Zuzüge nach Deutschland verzeichnet worden. Das ist ein Plus zum Vorjahr von 122 Prozent. Im Saldo ergebe das 1,5 Millionen mehr Einwohner in Deutschland als im Vorjahreszeitraum.

„Das ist ein ganz massiver Treiber der Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt gewesen. Und es ist zu erwarten, dass sich das auch im Jahr 2023 fortsetzen wird.“ Er nahm auch Bezug auf Zahlen des Analyseinstituts empirica. Demnach werden durch die Flüchtlinge aus der Ukraine bis Ende 2023 noch einmal 600.000 Haushalte entstehen, für die Wohnungen gebraucht werden. Leerstand gebe es in den Großstädten und den Wachstumsregionen inzwischen kaum noch. Die Quote liegt insgesamt bei 1,5 Prozent, aber Städte wie Berlin oder München weisen sogar Quoten unter einem Prozent auf.

Deutlicher Einbruch beim Wohnungsneubau

Das Angebot hält mit der gewachsenen Nachfrage nicht Schritt, ganz im Gegenteil. „Wir erwarten einen deutlichen Einbruch beim Wohnungsneubau.“ Der Auftragseingang im Bauvolumen im Hauptgewerbe Wohnen ist laut Analyse seit März 2022 um 42 Prozent gesunken. „Die Stornierungen sind deutlich angestiegen, im November 2022 auf 15 bis 16 Prozent.“ Das Fazit: In diesem Jahr werde sich die Wohnungsfertigstellung noch auf relativ gutem Niveau befinden, danach rechnen Experten mit einem Einbruch von mindestens 25 Prozent.

Das erklärte Ziel der Bundesregierung von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr sei nicht erreichbar. „Das verschärft das Nachfragedilemma, das wir in Deutschland haben.“ Noch dramatischer sieht die Analyse in Sachen Mietwohnungen aus. Von den rund 300.000 Wohnungen, die 2021 fertiggestellt worden sind, waren nur 150.000 Mietwohnungen. Dagegen gebe es einen Genehmigungsüberhang für Wohnungen in den 50 größten Städten aus den letzten zehn Jahren von mehr als 700.000 Einheiten „Wenn dieser Neubau umgesetzt würde, hätten wir eine deutliche Entspannung der Angebotssituation.“

Mieten steigen weiter und damit die Mietbelastungsquote

Mit dem Mangel und den steigenden Baukosten sind die Mieten weiter gestiegen. Die Analyse der Portalmieten weist für die A-Städte derzeit im Bestand einen durchschnittlichen Neuvermietungspreis von 14,85 Euro pro Quadratmeter aus, für B-Städte 9,38 Euro und für C-Städte 9,21 Euro. Bei der Erstvermietung liegen die durchschnittlichen Angebotsmieten in den B-Städten bei 13,80 Euro pro Quadratmeter und 13,24 Euro in den C-Städten.

In den Top-7-Städten bewegen sie sich dagegen bei durchschnittlich 19,19 Euro. „Dort wird es dann irgendwann eine Frage der Bezahlbarkeit.“ Emanuel Eckel verglich die Daten mit der Entwicklung der Einkommen. Sie sind in den letzten Jahren ebenfalls gestiegen. Die Mietbelastungsquote in den A-Städten lag vor zehn Jahren bei 25 Prozent und bewegt sich jetzt Richtung 30 Prozent, in Berlin 33 bis 34 Prozent. Die Nebenkosten als Treiber der Mieten sind in der Berechnung allerdings nicht enthalten.

Bei den Kaufimmobilien ist es so, dass mit dem sprunghaften Anstieg der Zinsen die Vergabe von Krediten im privaten Segment eingebrochen ist. Bei Eigentumswohnungen rechnet Emanuel Eckel damit, dass sich der Trend leicht sinkender Kaufpreise auch in diesem Jahr fortsetzen wird, insbesondere für ältere, modernisierungsbedürftige Bestandsobjekte.

Politik erkennt Brisanz nicht

Simon Kempf, Geschäftsführer der DLE Land Development GmbH, erklärt, dass sein Unternehmen trotz allgemeiner Zurückhaltung weiter investiere. In diesem Jahr wurden bereits zwei Ankäufe getätigt. Aktuell sei die DLE mit der Baurechtsschaffung für 30.000 Wohnungen vor allem in Berlin-Brandenburg, Nordrhein-Westfalen sowie im Raum München befasst. Er betonte, dass der Wohnungsmangel am Ende auch Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum habe.

„Ich sehe nicht, dass die Politik die Brisanz erkennt.“ Das betreffe nicht nur Berlin, sondern auch viele andere Wohnungsmärkte. „Ich würde mir wünschen, dass es mehr politische Impulse gibt.“ Dazu zählt für ihn eine Anhebung der Neubau-Afa. Doch vor allem forderte er Förderprogramme, die von Dauer und verlässlich sind und nicht dreimal im Jahr geändert werden. „Vor allem brauchen wir ein handlungsfähiges Bauministerium, das die Lage ernst nimmt und versucht, die Vorgaben zu vereinheitlichen.“

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