Nachhaltigkeit: Druck zur Dekarbonisierung von Büroimmobilien steigt

Nachhaltigkeit: Druck zur Dekarbonisierung von Büroimmobilien steigt

Nachhaltigkeit: Druck zur Dekarbonisierung von Büroimmobilien steigt
An der Dekarbonisierung des Immobilienbestands führt kaum ein Weg vorbei. Copyright: 38308446 auf Pixabay

An der Dekarbonisierung des Büroimmobilienbestands führt kaum ein Weg vorbei. Allerdings haben sich die Rahmenbedingungen für entsprechende Investitionen verschlechtert: Bau- und Modernisierungsmaßnahmen sind wesentlich teurer geworden, ebenso die Zinsen für entsprechende Finanzierungen. Gleichzeitig ist die Flächennachfrage nach Büros ebenso rückläufig wie das Kaufinteresse von Investoren. Welche Handlungsoptionen es dennoch gibt, klärte unlängst ein Online-Panel aus fünf Experten, das mit „Wie wird die Büroimmobilie klimaneutral?“ überschrieben war.

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ESG-konforme Objekte behalten ihren Wert, andere verlieren und sind kaum finanzierungsfähig

Andreas Brockhaus, geschäftsführender Gesellschafter der LIST Bau Holding, Christopher Jäger, Abteilungsleiter Asset Management Services bei der HIH Real Estate, Thomas Junkersfeld, Geschäftsführer von B&L Property Management, Manuel Köppel, Geschäftsführer bei BF.capital, und Hanna Ritter, Senior Director ESG bei REICON Consulting. waren sich einig, dass es eine starke Korrelation zwischen der Wertentwicklung einer Büroimmobilie und ihrer ESG-Konformität, insbesondere beim Thema Energieeffizienz, gibt. Effiziente Objekte behalten unter sonst gleichen Umständen ihren Wert bei, während nicht ESG-konforme an Wert verlieren.

Christopher Jäger: „Am deutlichsten zeigt sich der Effekt in der Höhe der erzielbaren Miete. Denn Nutzer haben hohes Interesse an ESG-konformen Flächen und sind bereit, im Vergleich zu anderen mehr dafür zu zahlen.“

Aus der Sicht des Finanzierers ergänzt Manuel Köppel: „Der Wertverfall nicht energieeffizienter Immobilien ist eine Seite. Die andere ist, dass sie kaum noch finanzierungsfähig sind. Kredite werden mittlerweile bevorzugt für ,grüne’ Immobilien gewährt oder solche mit klarem Fahrplan dorthin.“

Gebäudetechnik als günstige Möglichkeit zur CO2-Einsparung

Ob es sich rechnet, eine Büroimmobilie umfassend energetisch zu sanieren, hänge von vielen Faktoren ab, vor allem dem Zustand des Gebäudes, der Architektur und dem Alter, so das Panel. Andreas Brockhaus wies auf „Kipppunkte“ hin: „Anfang der 2000er Jahre griff die erste Energieeinsparverordnung. Ein Bestand ab dieser Zeit ist leichter auf ein gutes Niveau zu bekommen als ein Gebäude aus den Sechzigerjahren.“ Seine LIST Bau habe einen eigenen Geschäftsbereich für Bauen im Bestand, der aktuell eine enorm hohe Nachfrage erfahre.

Christopher Jäger weist darauf hin, dass sich die Wirtschaftlichkeit einer Revitalisierung für Immobilieninvestoren aus zwei Komponenten speise: Cashflow in Form von Mieten und Exit-Preis. „Änderungen an der Gebäudehülle sind oft komplex und teuer. Aber es gibt auch Maßnahmen, die CO2-Bilanz eines Bürogebäudes zu verbessern, die wesentlich kostengünstiger zu erreichen sind, etwa der Umstieg auf LED-Beleuchtung“, so Christopher Jäger weiter.

Thomas Junkersfeld pflichtet ihm bei und verweist auf das hohe Potenzial der Haustechnik, besonders der Gebäudeleit- sowie Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik. Diese müsste dringend an das Nutzerverhalten gekoppelt sein. „Bei B&L wird im Moment eine KI-gestützte Software von Aedifion für ein Bestandsobjekt in Hamburg getestet, die das Nutzerverhalten misst, um Strom und Wärme nach Auslastungsgrad der Immobilie zu steuern“, führt der Property-Manager aus.

Um die Wirtschaftlichkeit einer Revitalisierung adäquat abzubilden, empfiehlt Andreas Brockhaus, ein Gebäude über seine gesamte Nutzungsdauer nicht nur über den CRREM-Pfad zu analysieren, sondern auch die „graue Energie“ einzubeziehen. „Wenn man berücksichtigt, wie viel CO2 schon im Bestandsgebäude gebunden ist, sieht die Bilanz der Revitalisierung viel besser aus als die eines Neubaus.“

Mietsteigerungen nach Revitalisierung von Büroimmobilien nur bei Neuvermietung erzielbar

Skeptisch war die Diskussionsrunde, was eine angemessene Aufteilung der Kosten der Klimaschutzmaßnahmen zwischen Büromietern und Immobilieneigentümern anbelangt. Thomas Junkersfeld: „Unserer Erfahrung nach ist der Mieter normalerweise nicht bereit, eine höhere Grundmiete zu entrichten. Aber er partizipiert an den Einsparungen bei den Betriebskosten, die wir erzielen können.“

Hanna Ritter ergänzt: „Wir müssen unterscheiden zwischen E, S und G. Die Maßnahmen aus dem sozialen Bereich erhöhen die Nutzungsqualität des Gebäudes, was sich gegebenenfalls auf die Mieter besser umlegen lässt.“

Manuel Köppel: „Es gibt vor allem einen Unterschied, was Vermietungen nach Energie-Optimierungen im laufenden Betrieb einerseits und Neuvermietungen nach einer umfassenden Revitalisierung andererseits angeht. Ziel solcher größeren Investitionen ist es gerade, die Flächen zu einer höheren Miete neu an den Markt zu bringen.“

Verbrauchsdaten sind der Schlüssel zur Dekarbonisierung

Ausführlich ging das Panel auf die zentrale Rolle von Verbrauchsdaten ein, die unerlässlich sind, um den Ist-Zustand zu analysieren, Investitionen zu planen und deren Erfolg zu messen. Mit Verweis auf Datenschutz sind aber längst nicht alle Mieter bereit, ihre Verbrauchsdaten offenzulegen. Hanna Ritter: „Diese Daten können aber auch simuliert werden, was zum Beispiel bei der Erstellung des Energiebedarfsausweises vorgenommen wird. Für viele Maßnahmen gibt es in dieser Hinsicht keine Ausreden mehr.“

Christopher Jäger schränkt ein: „Durch Benchmarking-Methoden wird aber die Wirksamkeit von Maßnahmen nicht adäquat abgebildet, die wenig Investitionen erfordern, wie das Einregeln der Gebäudeleittechnik einer Immobilie. Daher brauchen wir die konkreten Verbräuche, auch um Maßnahmen skalierbar zu machen.“ Thomas Junkersfeld ist optimistisch: „Das Messen wird in nächster Zeit sukzessive durch Künstliche Intelligenz ergänzt.“

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