Serviced Apartments und die Corona-Krise

Serviced Apartments und die Corona-Krise

Serviced Apartments und die Corona-Krise
Annett Gregorius über Serviced Apartments und deren Krisenfestigkeit. Copyright: Bastian Bartsch / studioZWO

Im Interview spricht Anett Gregorius, Inhaberin von Apartmentservice, über Serviced Apartments in der Corona-Krise und gibt einen Ausblick auf die kommende Entwicklung.

Einladung zum Deep Dive Immobilienfinanzierung

Die Asset-Klasse Hotel gehört seit dem Corona-Ausbruch zu den größten Verlierern. Im Juli haben Sie den Marktreport Serviced Apartments 2020 herausgebracht. Inwiefern konnte sich das Serviced-Apartment-Segment bisher tatsächlich besser schlagen als die klassische Hotellerie?

Anett Gregorius: Alle Beherbergungsbereiche erlitten mit dem Beginn der Corona-Pandemie Umsatzverluste in historischen Ausmaßen. Aber sicher ist schon jetzt, dass auch das Asset Büro und der Einzelhandel spürbare Veränderungen erfahren werden. Und selbst im Bereich Wohnen mussten einzelne Segmente wie das Studentische Wohnen bereits Verluste hinnehmen. Corona sorgt bei allen für eine Schneise der Veränderungen.

Serviced Apartmens weniger krisenanfällig als Hotellerie

Wie verhält es sich mit der Auslastung?

Anett Gregorius: Im Serviced Apartment-Sektor in Deutschland sank die Auslastung zunächst im März 2020 von den üblichen 90 auf 70 Prozent und im Mai auf bis zu 40 Prozent. Aparthotels lagen im Mai 2020 sogar bei nur noch circa 20 Prozent. Dennoch sind diese Zahlen im Vergleich zur klassischen Hotellerie weniger dramatisch und der Einbruch erfolgte vor allem später. Das Segment erwies sich als weniger krisenanfällig als die Hotellerie, indem es sowohl von bestehenden, mehrwöchigen Longstay-Buchungen profitierte als auch vom abgeschlossenen Wohnkonzept mit obligatorischer Küche zur Selbstversorgung, separaten Wohn- und Schlafbereichen und häufig digitalen Zugängen. Drei Viertel der Häuser blieben geöffnet und generierten als Gäste vor allem gestrandete Reisende, Mitarbeiter systemrelevanter Betriebe, Gäste aus geschlossenen Hotels und Menschen in Quarantäne.

Das Segment profitierte also – trotz der Krise?

Anett Gregorius: Ja, vor allem durch das Konzept, verbunden mit geringeren Betriebskosten durch weniger Personal und den weitgehenden Verzicht auf Gastronomie-, Tagungs- und Wellnessflächen. Hinzu kommt die Flexibilität der Betreiber in der Krise, indem viele die Mindestaufenthaltsdauer auf eine Nacht senkten oder neue Homeoffice-Angebote entwickelten.

Wie performte das Segment bis zur Krise?

Anett Gregorius: Bis Anfang März 2020 hätten wir mit den Ergebnissen der neuen Betreiberumfrage weiter wie bisher die Geschichte des Rising Star Serviced Apartments beschreiben können. Die Auslastung lag 2019 in Deutschland trotz gestiegenem Angebot bei 77 Prozent und damit wieder höher als in der Hotellerie. 69 Prozent der Gäste machten erneut Geschäftsreisende aus. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer sank von 25 auf 19 Nächte, vor allem bedingt durch die bisher shortstay-lastigen Aparthotels. Die ADR (Average Daily Rate), die von einer degressiven Preisstaffelung geprägt ist, lag 2019 bei 89 Euro (minus ein Prozent).

Entsprechend war die Zufriedenheit bis Anfang 2020 hoch: 85 Prozent der Serviced-Apartment-Betreiber schätzten die Entwicklung des Gesamtmarktes als positiv oder sehr positiv ein, 77 Prozent auch die Entwicklung am eigenem Standort als positiv oder sehr positiv. An der Betreiberspitze in Deutschland liegen dabei aktuell die Living Hotels, Adina Hotels und Aparthotels Adagio/Access (Accor). In den nächsten Monaten werden vor allem die Serviced Apartmenthäuser mit Longstay-Konzepten wachsen. Hinzu kommen neue Marken wie Stay Kooook (SV Hotel), Rioca by i Live und weitere Mixed-Use-Projekte.

Serviced-Apartment-Segment erholt sich bereits von der Corona-Krise

Das Serviced-Apartment-Segment wächst also weiter?

Anett Gregorius: Aktuell hat bereits eine Erholung eingesetzt, besonders bei Serviced Apartmenthäusern mit wenigen Einheiten und einem hohen Longstay-Anteil. Diese Erholung wird sich fortsetzen, wenn auch frühestens 2022 mit alten Performance-Werten gerechnet werden kann. Das Serviced-Apartment-Segment hat in den letzten Jahren klar von der Urbanisierung und von fehlenden Wohnungen in den Städten profitiert, daran hat Corona nichts geändert. Auch die berufliche Mobilität wird wieder zurückkehren. Ich gehe davon aus, dass nur circa zehn bis maximal 30 Prozent der Geschäftsreisen in Zukunft wegfallen oder digital ersetzt werden. Das wird die Branche spüren, aber es verkraften – auch weil sich das Segment auf weitere Zielgruppen konzentrieren wird.

Mit welchem Erholungsprozess rechnen Sie?

Anett Gregorius: Aktuell wächst das Segment entsprechend weiter und befindet sich in Deutschland trotz Corona-Krise in seiner nach wie vor größten Wachstumsphase. Wir zählen auf dem Markt 33.900 Serviced Apartment-Einheiten in 631 Häusern mit mindestens 15 Einheiten, das sind über 5.300 Einheiten mehr als vor einem Jahr.

Bis Ende 2022 gehen wir von einem gesicherten Wachstum um 50 Prozent auf über 50.300 Einheiten aus. Dennoch werden wir 2023 ein Corona-bedingtes, verlangsamtes Wachstum erleben, weil 2020 neue Projekte nicht mehr im gleichen Tempo durchgewunken werden. Das Segment fliegt weiter, aber nicht mehr so hoch – und vieles wird davon abhängen wie der Business Travel zurückkehrt.

Droht eine baldige Marktbereinigung?

Gibt es eine Marktbereinigung?

Anett Gregorius: Es wird sich zeigen, welches Ausmaß die Konsolidierung, die auch ohne Corona eingesetzt hätte und neu für das Segment ist, Auswirkungen auf den Gesamtmarkt hat und inwiefern zum Beispiel Hotels auf das Segment Serviced Apartments und den Longstay aufspringen wollen.

Schon vor der Pandemie gab es an den A-Standorten erste Sättigungstendenzen.

Anett Gregorius: Ja, in den Geschäftsreisemetropolen Frankfurt und München sehen wir bereits eine große Wettbewerbssituation durch die Projekte, die demnächst fertiggestellt werden. Berlin und Hamburg haben es im Vergleich leichter, weil sie aktuell mehrere Zielgruppen ansprechen können und sich Hamburg bisher noch im „gesunden Aufholprozess” befindet. Für B-Standorte sehen wir weiterhin gute Perspektiven. Grundsätzlich wird die Lage bei bestehenden und neuen Projekten jetzt und künftig noch wichtiger, um flexibler verschiedene Nachfragegeneratoren zu bedienen. Ebenso rücken Investoren und Entwickler erstmals auch die Qualität der Betreiber in die Top-3-Entscheidungskriterien, mit Blick auf die 20-jährige Erfahrung im Segment sicher der richtige Weg. Und wer weiß: Vielleicht wird es künftig auch für Serviced Apartment-Projekte leichter, an die passenden Grundstücke und Immobilien zu kommen, weil Investoren bei der klassischen Hotellerie sehr viel vorsichtiger geworden sind.

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