Studie: Lässt eine Vergesellschaftung großer Wohnungsbestände die Mieten sinken?

Studie: Lässt eine Vergesellschaftung großer Wohnungsbestände die Mieten sinken?

Studie: Lässt eine Vergesellschaftung großer Wohnungsbestände die Mieten sinken?
Das Thema Enteignung bleibt ein heißes Eisen in Berlin. Copyright: Achim Scholty auf Pixabay

Die Rosa-Luxemburg-Stiftung hat kurz vor der Wiederholungswahl in Berlin die Ergebnisse einer Auftragsstudie veröffentlicht. Deren Fazit lautet: Nach einer Enteignung von Wohnungsunternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen könnten die Mieten im Durchschnitt um 16 Prozent sinken. Nicht nur Wirtschaftsexperten hatten dieser These bereits widersprochen.

Einladung zum Deep Dive Immobilienfinanzierung

Eine Aussage von Rouzbeh Taheri hatte im Sommer vergangenen Jahres für Aufsehen gesorgt. Der Sprecher der Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ hatte im Rahmen einer Anhörung vor der Expertenkommission zugegeben, dass die Mieten durch eine Enteignung eher nicht sinken würden. Doch genau damit, hatten die Aktivisten für ihre Enteignungsinitiative geworben. Ihnen wurde daraufhin Täuschung der Berlinerinnen und Berliner vorgeworfen. Jetzt hat die linke Rosa-Luxemburg Stiftung eine Auftragsstudie vorgelegt, mit der die These von den sinkenden Mieten untermauert werden soll.

Mietabsenkung um 16 Prozent möglich

Autoren der Studie sind der Stadtsoziologe Andrej Holm sowie Matthias Bernt, kommissarischer Leiter des Forschungsschwerpunktes Politik und Planung und zugleich Privatdozent am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin. Sie kommen in ihrer Arbeit zu dem Schluss:

„Die Vergesellschaftung von Wohnungen könnte für mehr als 200.000 Berliner Haushalte mit einer Mietminderung von im Durchschnitt monatlich 45 bis 160 Euro (Absenkung um circa 16 Prozent) einhergehen.“

Alternativ könnten ihrer Ansicht nach die Mieten eingefroren und so der Mietanstieg auf längere Frist deutlich abgebremst werden. Sie begründen ihre These mit den Vermietungs- und Bewirtschaftungsstrategien großer, privater Wohnungsunternehmen, die vor allem auf Modernisierungsmaßnahmen zur Verbesserung und Weiterentwicklung des Bestandes setzen, weil dies – anders als bei der Sanierung – einen Mieterhöhungsspielraum bietet. Bei Neuvermietung würden private Konzerne höhere Mieten verlangen als die landeseigenen Unternehmen. Das würde zu überhöhten Mieten führen.

Seine Zahlen hatte Andrej Holm bereits im Vorfeld der Veröffentlichung vor der Enteignungskommission präsentiert. Das Fazit ist im Konjunktiv gehalten: Könnte. Sicher ist, dass das Land Berlin seinen eigenen Unternehmen vorschreiben kann, die Miete zu senken oder einzufrieren, jenseits der wirtschaftlichen Vernunft. Das tut der Berliner Senat bereits, denn er hat seine landeseigenen Unternehmen aufgrund der derzeitigen Energiekrise angewiesen, die Mieten bis Ende des Jahres nicht zu erhöhen und säumigen Mietern nicht zu kündigen.

Diese Möglichkeit hat das Land auch bei einem weit größeren Bestand. Damit die landeseigenen Unternehmen ihren Verpflichtungen dennoch gerecht werden können, hat das Land Berlin die Eigenkapitalausstattung der Unternehmen erhöht, wie die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey mehrfach betont hat. Die landeseigenen Unternehmen erhalten somit Zuschüsse vom Steuerzahler, um ihre Aufgaben erfüllen zu können. Einen Zugriff auf Steuergeld haben private Wohnungsunternehmen nicht.  

Vonovia verkündet Neubau-Stopp

Aufgrund der gegenwärtigen Baukostenentwicklung und der gestiegenen Zinsen und trotz der neuen Fördermittel des Landes Berlin müssten freifinanzierte Mieten veranschlagt werden, die nicht darstellbar sind. Aufgrund der sich verschlechternden Rahmenbedingungen hat der Immobilienkonzern Vonovia angekündigt, 2023 auf Neubau zu verzichten. In Berlin betrifft das rund 1.500 Wohnungen, die stadtweit von der Vonovia und der Deutsche Wohnen geplant waren. Gegen den Neubau-Stopp macht sich allerdings Widerstand breit. Wie die „Welt“ berichtet, fordert der Generalsekretär der Berliner CDU, Stefan Evers, den Senat zu Verhandlungen über einen Kauf der betroffenen Grundstücke auf. Berlin könne es sich nicht leisten, auf neue Wohnungen zu verzichten, wird der Politiker zitiert.

Aber auch andere private Immobilienentwickler nehmen von neuen Projekten Abstand. Den Bau von 1.400 Wohnungen in der Landsberger Allee hat daher die Gewobag übernommen. Andreas Geisel, Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, ist sich mit Blick auf die bereits jetzt bestehende Situation der Landeseigenen Wohnungsbauunternehmen der Problematik bewusst. Bei einer Bilanzkonferenz zum Jahresende hatte er betont: „Immer mehr Forderungen an die Wohnungsunternehmen bei gleichzeitigen Mietenstopp kann es auf Dauer nicht geben.“

Entschädigung sowie Sanierung durch Mieten finanziert

Der Wirtschaftsprofessor Harald Simons vom Forschungsinstitut Empirica hatte bereits vor der Expertenkommission zum Volksentscheid der Behauptung widersprochen, dass Mieten durch eine Vergesellschaftung gesenkt werden könnten. Die Gewinne der börsennotierten Immobilienunternehmen kämen aus der Höherbewertung in der Bilanz, nicht aus den Mieten.

„Das heißt in keiner Weise, dass sie die Mieten senken können.“ Bei einer Vergesellschaftung muss zum einen die Entschädigung über Mieten refinanziert werden, zum anderen werden die Mieten zum Erhalt der Bausubstanz und zur Modernisierung gebraucht, die vom Gesetzgeber durch neue Vorschriften gefordert wird. Klimaschutz und Nachhaltigkeit müssen bezahlt und der höhere Standard auf Dauer erhalten werden.

Maren Kern, Vorständin des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), hatte vor der Expertenkommission mit Zahlen belegt, dass sich die Mieten ihrer Verbandsmitglieder mit einer Steigerung von einem Prozent pro Jahr viel niedriger entwickeln als die Baukosten für Schönheitsreparaturen mit 6,4, für Instandhaltung mit 7,6 und für Neubau mit 9,6 Prozent. Sie hatte erklärt, dass eine derartige Entwicklung auf Dauer zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten führen muss.

Die Autoren der Studie beantworten zwei Fragen nicht: Erstens, wie steigende Kosten bei einem vergesellschafteten Bestand bezahlt werden sollen - wenn nicht aus steigenden Mieten -, und wer am Ende bezahlt, zumal dann, wenn die Miete auch noch gesenkt werden soll. Und zweitens, welche Folgen ein in öffentlicher Hand monopolisierter Wohnungsbestand bei unzureichenden Steuermitteln für die Mieter, aber auch die gesamte Stadtgesellschaft haben kann.

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