Wohnungswirtschaft: Wie gelingt der Ausgleich regionaler Unterschiede?

Wohnungswirtschaft: Wie gelingt der Ausgleich regionaler Unterschiede?

Wohnungswirtschaft: Wie gelingt der Ausgleich regionaler Unterschiede?
Ländliche Gegenden verwaisen immer weiter. Quelle: Thomas B. auf Pixabay

Der GdW hat eine Studie vorgelegt, die sich mit Ballungszentren und dem ländlichen Raum beschäftigt. Daran beteiligt waren auch Sachsen-Anhalt und Thüringen.

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Auch wenn man über ein Problem spricht, löst es sich nicht in Luft auf. Der alte Büro-Klassiker „Wenn du nicht mehr weiter weißt, gründe einen Arbeitskreis“ kommt zu neuen Ehren. Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) hat kurz vor Weihnachten einen Endbericht zu einem zweijährigen bundesweiten Gemeinschaftsprojekt vorgelegt. Die Erkenntnis ist eine längst bekannte Tatsache: „In Deutschland fehlt eine regional verankerte Wohnungs- und Baulandpolitik.“

Kommission "Gleichwertige Lebensverhältnisse" konnte Landflucht nicht stoppen

Kurz und knapp: In den Großstädten gibt es nicht genug Wohnungen, in den ländlichen Regionen viel Leerstand. In die Ballungsräume strömen die Massen, aus den Dörfer fliehen vor allem die jungen Menschen. So weit, so nicht neu. „Bisher ist nicht zu erkennen, dass für einen Ausgleich der bundesweit unterschiedlichen Lebensbedingungen der notwendige ‚Ruck‘ durch Deutschland geht. Die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission ‚Gleichwertige Lebensverhältnisse‘ hat bereits Mitte 2019 ihre Empfehlungen vorgelegt, aber passiert ist nichts. Deshalb haben wir als Wohnungswirtschaft selbst frühzeitig die Initiative ergriffen und uns mit einem großen bundesweiten Gemeinschaftsprojekt in sieben Regionen quer durch Deutschland aktiv für den Ausgleich regionaler Unterschiede eingesetzt“, sagt Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW.

Sachsen-Anhalt fordert nachhaltige Förderkulisse in Bund und Land

Bereits 2018 wurde dafür ein Gemeinschaftsprojekt ins Leben gerufen, das den Namen „Regionalen Ausgleich stärken – Die Wohnungswirtschaft als Gestalter von Heimat“ trägt. Erstes Beispiel: Sachsen-Anhalt. Dort wurden die wohnungswirtschaftlichen Investitionsbedingungen an verschiedenen Standorten ausgehend von konkreten Investitionsvorhaben analysiert und diskutiert. Wenig überraschend: Wenn die Wohnungswirtschaft sich selbst untersucht, wird deutlich, dass sie „wesentlich zur Attraktivität und Stabilisierung der mehrheitlich schrumpfenden Städte beitragen kann“. Niedrige Mieten erschweren eine sinnvolle wirtschaftliche Handlungsfähigkeit und notwendige Sanierungen.

Genauso deutlich zeigt sich jedoch, dass der Verbund von Wohnungsunternehmen und Kommunen aufgrund einer eingeschränkten wirtschaftlichen Handlungsfähigkeit häufig nicht in der Lage ist, die städtebaulich und stadtentwicklungspolitisch bedeutsamen Investitionsvorhaben umzusetzen. Auch alles nicht neu. Umgesetzt wurde das Vorhaben durch einen Workshop und eine Vor-Ort-Begehung in Merseburg. Nur: So richtig konkret ist das alles nicht. „Zur Bewältigung der Zukunftsaufgaben Demographie und Klimaschutz bedarf es einer nachhaltigen Förderkulisse in Bund und Land“, sagt Jens Zillmann, Direktor des Verbandes der Wohnungswirtschaft Sachsen-Anhalt. Eine Herausforderung, vor der ganz Deutschland steht.

Thüringen etabliert Arbeitsgemeinschaft

Zweites Beispiel: Thüringen. Hier wurde es konkreter. Aufgabe: „Das Projektdesign sah vor, konkrete Grundstücke beziehungsweise bereits bestehende und zu sanierende Objekte oder Quartiere in ausgewählten Städten des Saale-Holzland-Kreises hinsichtlich der jeweiligen Chancen und Hemmnisse für wohnbauliche (Weiter-)Entwicklungen zu analysieren.“ Denn: Während Jena aus den Nähten platzt, ist im Umland noch viel Platz, und die Frage bleibt: Wie können umliegende Gemeinden vom Boom profitieren. „Von allen eingeladenen Landkreiskommunen haben sich am Ende circa 20 herauskristallisiert, die wirklich von der Idee überzeugt waren“, so Frank Emrich, Vorstand des Verbandes Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (vtw). Er findet es auch besser, erst herauszufinden, wer möchte. Mehrere Workshops folgten, Jena und der Saale-Holzland-Kreis waren die Protagonisten.

Es folgten Vor-Ort-Begehungen, Diskussionen. Frank Emrich: „Für die aktuelle Praxis ableiten kann man, dass sowas nur funktioniert, wenn die Spitzen dabei sind.“ Meint: Nur wenn Bürgermeister und/oder Landrat mitmachen, gibt es handfeste Ergebnisse. Frank Emrich spricht sich auch sehr klar für eine Beschleunigung des Prozederes aus. Immerhin gibt es für das Thüringer Projekt bereits eine Förderung von 70.000 Euro sowie eine kommunale Arbeitsgemeinschaft mit Vertretern aus Jena und den umliegenden Gemeinden. „Es wird also bereits in die Praxis umgesetzt. Das Kompetenzzentrum ist angelegt und institutionalisiert“, so Frank Emrich gegenüber IMMOBILIEN AKTUELL.

Kreatives Engagement regionaler Akteure mobilisieren und kanalisieren

Allgemeiner hält es der GdW, der  als Ergebnis der über 100 Seiten starken Studie folgende Dinge für die Zukunft mitgibt: In den Regionen sollten Koordinierungsstellen für die Zusammenarbeit vor Ort eingerichtet werden. Nur so kann das kreative Engagement der regionalen Akteure für bedarfsgerechte Lösungen mobilisiert und kanalisiert werden. Diese „von unten“ getragenen Ansätze sollten Bund und Länder „von oben“ mit einem finanziell ausreichend ausgestatteten Raumordnungsprogramm begleiten, um den erforderlichen Infrastrukturausbau in den Regionen vorantreiben zu können.

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