Ehemaliges Technisches Rathaus Leipzig: „Four Living“, Brandanschläge, Pleiten und nun Kauf durch die Stadt

Ehemaliges Technisches Rathaus Leipzig: „Four Living“, Brandanschläge, Pleiten und nun Kauf durch die Stadt

Ehemaliges Technisches Rathaus Leipzig: „Four Living“, Brandanschläge, Pleiten und nun Kauf durch die Stadt
Die Kräne an der "FourLiving"-Baustelle stehen wieder. Copyright: W&R IMMOCOM / Pierre Pawlik

Zunächst hatten Christoph Gröner und seine CG Gruppe AG viel vor mit dem ehemaligen Technischen Rathaus am Leipziger Ostplatz in der Prager Straße 20-28. Das Vertical Village-Projekt „Four Living“ sollte hier entstehen und der gewaltige Block in vier Türme unterteilt werden. Das Bauprojekt ging im Oktober 2019 durch die Medien, weil zwei Baukräne auf der gewaltigen Baustelle in Flammen aufgingen. Seitdem geht es auf der Baustelle nicht mehr voran. Als sich Christoph Gröner 2020 aus der CG Gruppe AG herauszog, ging diese in der Consus Real Estate / Adler Group auf. Das Technische Rathaus wechselte mit in deren Portfolio. Beide Unternehmen gerieten zuletzt in finanzielle Schieflage. Nun hat die Stadt beschlossen, das Projekt zu kaufen... 

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„Four Living“ soll Leipzig 300 neue Wohnungen bringen

Artikel vom 11. Oktober 2019: Um an der Stelle des ehemaligen Bauordnungsamtes einen Wohn- und Gewerbekomplex hochzuziehen, hat sich die CG Gruppe gegen einen billigeren Neubau entschieden, weil das Unternehmen für einen Neubau dieser Größenordnung und Höhe vermutlich kein Baurecht erhalten hätte. Bei der nun stattfindenden Umwandlung des Gebäudes in das Vertical Village Projekt „Four Living“ wird der Komplex nach umfassenden statischen Maßnahmen in vier Türme zerschnitten. Nur das Erdgeschoss soll als gemeinsamer Sockel erhalten bleiben. Hier sind Gewerbeeinheiten (Büro, Gastronomie, Einzelhandel auf 4.300 Quadratmetern) vorgesehen. In den Türmen sollen auf 16.000 Quadratmetern bis zu 300 neue, teilmöblierte Apartments, aber auch Flächen für Co-Working entstehen. Eine Tiefgarage wird 152 Stellplätze zur Verfügung stellen. Bis Ende 2020 ist die Fertigstellung des 170 Meter langen, 38 Meter hohen und knapp 90 Millionen teuren „Four Living“ angedacht.

Kräne auf Großbaustelle gehen in Flammen auf

In den frühen Morgenstunden des 3. Oktobers 2019 gingen drei Autokräne an der „Four Living“-Baustelle in Flammen auf. Dabei brannten zwei Kräne komplett aus, der dritte wurde derart schwer beschädigt, dass er nicht mehr eingesetzt werden kann. Auch an einem Bagger fanden die Ermittler Brandspuren. Der Kranfirma entstand ein Millionenschaden: Drei bis vier Millionen sind pro Kran angefallen. Dazu kommen für die CG Gruppe zwischen 1,5 – 3 Millionen Euro aufgrund des Rußeintrages in den Baukörper. Die Leipziger Polizei ging von einer vorsätzlichen Tat aus, Oberbürgermeister Burkhard Jung sprach gar von einem terroristischen Akt.

Pressekonferenz der CG Gruppe zu den Hintergründen des Vorfalls am „Four Living“

Am 11. Oktober 2019 lud die CG Gruppe zu einem Pressegespräch, in dem Vorstandsvorsitzender Christoph Gröner zu einem veritablen Rundumschlag gegen verschiedene Adressaten ausholte und die Vorgänge aus seiner Sicht schilderte.

Missverständnisse bei der Überwachung der "Four Living"-Baustelle begünstigten Anschlag

Aufmerksam auf den Brand wurde die CG Gruppe aufgrund von Bildern verschiedener Überwachungskameras, die auf der Baustelle an der Prager Straße installiert waren und Bilder von den brennenden Kränen aufgenommen hatten.

Normalerweise werde die Baustelle laut Christoph Gröner nachts zusätzlich von einem Sicherheitsdienst mit Hunden bewacht, doch "aus einer versehentlich falsch ausgelösten Rücknahme dieser Sicherheitsvorkehrung ist der Sicherheitsdienst in der gesamten Woche nicht vor Ort gewesen und die Sicherheit wurde auf die Überwachungskamera beschränkt". Das sei aufgrund eines Missverständnisses im Management der Baustelle entstanden, so Christoph Gröner weiter. "Diese Lücke muss von dritter Seite beobachtet worden sein und wurde dazu benutzt, in der Nacht zur Feier der Deutschen Einheit diese Brandanschläge, die wir in dieser Form bereits kennen, an den Fahrzeugen durchzuführen."

Fotogalerie zur Pressekonferenz inklusive Baustellenbilder vom Rohbau in der Prager Straße

Der Flachbau (li.) wird ebenfalls von der CG Gruppe AG neu gestaltet. Copyright: Pierre Pawlik / W&R IMMOCOMChristoph Gröner präsentiert Live-Bilder von der Baustelle. Copyright: Pierre Pawlik / W&R IMMOCOMDie Baukräne stehen wieder. Copyright: Pierre Pawlik / W&R IMMOCOMChristoph Gröner berichtet von den Vorgängen an der Baustelle vom Four Living. Copyright: Pierre Pawlik / W&R IMMOCOMDie Treppenhäuser wurden komplett neu in das Gebäude eingezogen. Copyright: Pierre Pawlik / W&R IMMOCOM

Täter stammen vermutlich aus dem linken Spektrum

Hinsichtlich der Täter sei laut Herrn Gröner bis heute nicht bekannt, wer diesen Anschlag durchgeführt habe. Erfahrungen aus der Vergangenheit und ein intensives Social-Media-Screening würden allerdings die Vermutung nahelegen, dass die Täter wohl in der linken Szene zu verorten seien. Einen Angriff durch einen Konkurrenten schloss er bei dem Pressegespräch kategorisch aus.

Dabei fühle sich die CG Gruppe nicht persönlich angegriffen. Immerhin stünde die CG Gruppe für etwas, für ein spezielles Establishment, gegen die sich solche Aktionen per se entladen würden – auch um eine spezielle Pressewirkung zu erreichen. Zudem würden die Gründe für derartige Aktionen selten aus Aktionen der Anschlagsopfer selbst herrühren, sondern seien vielmehr in einer allgemeinen Vertrauenskrise der Bürger gegenüber Politik und Akteuren der Wirtschaft begründet, so Christoph Gröner weiter.

Christoph Gröner vor Videobildern von der "FourLiving"-Baustelle. Copyright: W&R IMMOCOM / Pierre Pawlik
Christoph Gröner vor Videobildern von der "Four Living"-Baustelle. Copyright: W&R IMMOCOM / Pierre Pawlik

CG Gruppe ist das falsche Opfer für Anschläge

Deutlich zum Ausdruck brachte Herr Gröner sein Unverständnis dafür, dass ausgerechnet die CG Gruppe immer wieder Opfer von Anschlägen werde. Seine Firma stünde für Progressivität, Gleichberechtigung, den Kampf gegen Sexismus und Rassismus, sie schaffe bezahlbaren Wohnraum und beteilige sich massiv an Charity-Projekten (bis zu 20 Prozent des Unternehmensgewinnes gingen jährlich an Hilfsprojekte).

Auch das aktuell heftig diskutierte neue Umweltbewusstsein habe die CG Gruppe schon lange auf dem Schirm. Sie sei Vorreiter im CO2-einsparenden Bau von Gebäuden und Projekte wie die größte Photovoltaikanlage Leipzigs in Plagwitz sprächen ebenfalls eine eindeutige Sprache.

Geringe Bauverzögerungen absehbar

Die Fertigstellung des „Four Living“ sei laut Christoph Gröner trotz allem für Ende 2020 vorgesehen. Es könne allerdings aufgrund des Anschlages zu Verzögerungen von bis zu vier Wochen kommen. Schuld seien nicht etwa Schäden an der Bausubstanz, sondern der gewaltige Rußeintrag von den Feuern an den Kränen.

Trotz Anschlägen großes Vertrauen in den Standort Leipzig

Der Anschlag in Leipzig war nicht der erste Anschlag auf die CG Gruppe in der Messestadt. Betriebswagen wurden angezündet, Büro- und Privatgebäude (etwa vom Architekturbüro Homuth, mit dem die CG Gruppe häufiger zusammenarbeitet) mit Steinen beworfen und ein Security-Mitarbeiter krankenhausreif geschlagen. Zudem wurde das Dach des Projektes am Mariannenpark, wo der alte Postbahnhof zu einem Gewerbegebäude umgebaut wird, häufiger in Brand gesteckt.

Abschrecken kann das die CG Gruppe aber nicht. Christoph Gröner: "Wir werden einfach das weiter tun, was wir geplant haben. Ich werde jetzt keine Reaktion zeigen als Unternehmer, dass ich in Leipzig mehr oder weniger mache. Wir sind da unerschütterlich. Das Vertrauen in die Stadt ist da. In die Bürger, in die Kaufkraft. Wir lieben diese Stadt."

So ging es mit dem „Four Living“ weiter

Nach den Anschlägen wurde es rund um die Baustelle immer ruhiger. 2020 zog sich Christoph Gröner aus der CG Gruppe AG zurück und gründete seinen neuen Projektentwickler CG Elementum. Die CG Gruppe AG ging in der Consus Real Estate / Adler Group auf und einige Projekte wechselten mit in deren Portfolio. Darunter auch das „Four Living“. 2023 gerieten erst die Adler Group und wenig später auch deren Tochter, die Consus, in finanzielle Schieflage. Entsprechend standen die Kräne auf der gewaltigen Baustelle weiterhin still.

Stadt Leipzig erwirbt Technisches Rathaus von der Adler Group für neues Verwaltungszentrum

Update vom 26. April 2024: Nach dem mit deutlicher Mehrheit erfolgten positiven Ratsbeschluss vom 24. April 2024 hat die Stadt Leipzig das etwa 1,5 Hektar große Cityareal Prager Straße 20 – 28 von der Adler Group zum Kaufpreis von 27 Millionen Euro erworben. Die Stadt plant den Abriss des Altbestandes und unter möglicher Einbeziehung eines ihr bereits gehörenden, etwa 4.500 Quadratmeter großen Nachbargrundstücks die Realisierung des neuen Verwaltungszentrums „Planen-Bauen-Umwelt“ und gegebenenfalls weiterer Ämter.

Ziel sei laut Oberbürgermeister Burkhard Jung, den Bürgerinnen und Bürgern zentrumsnah und an einem Ort Verwaltungsdienstleistungen anzubieten. Die Stadt verfolgt damit zudem die vom Stadtrat beschlossene Strategie, rund 65 Prozent ihrer mehr als 9.250 Arbeitsplätze in städtischem Eigentum unterzubringen – derzeit sind es etwa 35 Prozent. Angesichts des im Betrachtungszeitraums von 20 Jahren in Leipzig signifikant anziehenden Büromietniveaus – die Bürospitzenmiete ist seit 2009 bis heute von 12 Euro pro Quadratmeter um rund 60 Prozent auf 19 Euro pro Quadratmeter gestiegen – will die Stadt mit Neubau und Umzug ins Eigentum zukünftig weiter steigenden Mietkostenbelastungen begegnen.

Nach dem erfolgten Angebot der Adler Group wurden auf Seiten der Stadtverwaltung verschiedene Optionen und insbesondere der Rohbau des Bestandsgebäudes geprüft: Demnach ist selbiger zwar ausreichend groß für die geplante Unterbringung der planenden und bauenden Ämter. Es bestehen jedoch erhebliche bauliche und finanzielle Risiken, wenn weiter gebaut würde. Die Gebäudestruktur ermöglicht keine Verwaltungsunterbringung entsprechend der Arbeitsstättenverordnung, solch grundlegende Umbauten sind statisch nicht möglich. Die Stadtverwaltung empfiehlt daher, das Bestandsgebäude nach dem Kauf für etwa elf Millionen Euro abreißen zu lassen und ein modernes Verwaltungszentrum auf dem dann etwa 19.500 Quadratmeter großen kommunalen Grundstück neu zu bauen. Das zweigeschossige Gebäude der früheren Mensa soll als Kulturdenkmal erhalten bleiben.

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