Mit 2.500 Wohnungen ist das Quartier WATERKANT an der Oberhavel in Berlin-Spandau eines der großen Bauvorhaben in der Hauptstadt. Die landeseigene Gewobag baut davon rund 2.000 Wohnungen, die Hälfte davon als Sozialwohnungen. Problem ist der öffentliche Nahverkehr. Wir waren bei einem Rundgang durch die WATERKANT dabei.
Der Flughafen Tegel ist dicht, der Lärm weg und damit das ehemalige Industrie-Areal am östlichen Ufer der Oberhavel zwischen der Wasserstadtbrücke und der Spandauer-See-Brücke zu einer 1-A-Wohnlage mutiert. Insgesamt 2.500 Wohnungen werden hier in den nächsten Jahren errichtet. Den größeren Anteil des Projektes WATERKANT hat die Gewobag übernommen. Nach Plänen von Eicke_Becker Architekten baut das landeseigene Wohnungsunternehmen bis 2025 rund 2.000 Wohnungen.
1000 Sozialwohnungen im Quartier WATERKANT
Entsprechend der Kooperationsvereinbarung mit der Stadt wird die Hälfte der Ein- bis Vier-Zimmerwohnungen je nach Förderprogramm zu sechs oder 6,70 Euro pro Quadratmeter vermietet, die andere Hälfte ohne Sozialbindung für rund zehn beziehungsweise elf Euro.

Ein Wohnberechtigungsschein ist hier also kein Wettbewerbsnachteil. Ganz im Gegenteil. Bei einem Rundgang durch das Quartier ließ Sebastian Scheel (LINKE), Senator für Stadtentwicklung und Wohnen, keinen Zweifel, dass er sich das Wohnen in Berlin genau so vorstellt und betonte einmal mehr die politische Agenda für die Abgehängten auf dem Berliner Wohnungsmarkt: Es gehe nicht nur um Transferleistungsempfänger. „Auch der hart arbeitende Mensch, der wenig verdient, soll schön und modern wohnen können.“ Alle Wohnungen seien gleich ausgestattet. Das betont Gewobag-Vorstand Snezana Michaelis. Es werde kein Unterschied zwischen Sechs- und Elf-Euro-Mietern gemacht.
Erster Teil der WATERKANT Berlin voll vermietet
Mit den Bauarbeiten zum ersten Teilprojekt des Gesamtvorhabens wurde 2018 begonnen. „Ich bin froh, dass wir keine Einschränkungen beim Bau der WATERKANT durch die Pandemie zu verzeichnen hatten und bei allen Teilabschnitten planmäßig vorankommen“, sagt Snezana Michaelis. Inzwischen sind die 14 Häuser fertig und alle 362 Wohnungen vermietet. An den Terrassen wachsen Blumen, auf den Balkons stehen Sonnenschirme und vor den Objekten mobile Heizanlagen. Denn das Blockheizkraftwerk an der Ecke zur Rhenaniastraße befindet sich noch im Bau. Es kann später 1,8 Megawatt Strom sowie 2,2 Megawatt Wärme liefern und die KfW-55-Standard-Häuser über ein Nahwärmenetz versorgen.
Als zentraler Platz und Treffpunkt im Quartier ist eine Plattform direkt an der Havelpromenade konzipiert. Von hier aus starten an diesem Vormittag Kinder zum Stand-Up-Paddling. Alles andere bleibt der Vorstellungskraft überlassen. Denn das zweite Teilprojekt mit rund 730 Wohnungen und Kita ist noch im Bau. Für Gewerbeflächen am Platz ist Gastronomie gewünscht.

60-Meter-Hochhaus wächst nach Plan und Spandau verändert sich rasant
Auch das Hochhaus an der Wasserstadtbrücke wächst nach Plan. Es ist das erste Wohnhochhaus der Gewobag seit Beginn der Neubauoffensive 2015. Mit seinen 16 Stockwerken und rund 60 Metern Höhe wird es den Bewohnern einen Panoramablick nicht nur über den Fluss bieten, sondern auch über die gesamte Wasserstadt Oberhavel und das Baugeschehen. So werden im dritten Teilprojekt an der Rhenaniastraße ab 2023 weitere 1.000 Wohnungen errichtet, dazu ein Gymnasium, eine Kita und eine Jugendfreizeiteinrichtung. Die Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte realisiert zusätzlich 500 Wohnungen im Rahmen des WATERKANT-Quartiers. Die Firma UTB plant auf der nahegelegenen Insel Gartenfeld ein Wohnviertel für 10.000 Menschen. Spandau verändert sich im Umkreis rasant. Der Bezirk bietet generell das größte Wohnbaupotenzial in Berlin. Sebastian Scheel sagt scherzhaft: „Ich bin nur noch in Spandau unterwegs.“
Nur eine Busanbindung: Die verkehrliche Anbindung der WATERKANT macht Probleme

Doch klotzen, statt kleckern, das bringt Probleme mit sich. Snezana Michaelis erklärt: „Die größte Herausforderungen sind die soziale Infrastruktur und die verkehrliche Anbindung.“ Mit einem Backshop und einem Spätkauf betreibt Serkan Budak (28) seit sechs Monaten quasi einen Hotspot im Quartier. „Viele neue Mieter sind bei mir Stammkunden“, sagt er. Inzwischen konnte die Gewobag auch mit dem Lebensmittelhändler REWE einen langfristigen Mietvertrag abschließen. Dagegen hapert es mit der Planung für den Öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV), also mit der Zusammenarbeit der Senatsverwaltungen Stadtentwicklung und Verkehr. Und Sebastian Scheel bestätigt: „Wir kommen hier an unsere Grenzen.“ So ist die WATERKANT derzeit lediglich über Busse angebunden, eine Straßenbahn fehlt, irgendwann in ferner Zukunft wird das Quartier vielleicht über eine S-Bahn-Verbindung auf der Insel Gartenfeld erreichbar sein.
Dabei ist ein guter ÖPNV Herzstück des neuen Wohnens. Wie überall in den Neubauvierteln soll das Auto nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Die Wege im Quartier sind als Fahrrad- und Gehwege konzipiert. „Bei 50 Prozent Sozialwohnungen können wir auch davon ausgehen, dass nicht jeder ein Auto hat“, sagt Snezana Michaelis. Pro Haushalt sind lediglich 0,4 Stellplätze vorgesehen, vorrangig in der Quartiersgarage. Dafür stehen überall zwischen den Häusern Doppelstockgaragen für Fahrräder.
Um das Mobilitätsproblem zu lösen, werden ergänzende Angebote mit dem Jelbi-Hub gemacht. Er ist eine Kooperation zwischen den Berliner Verkehrsbetrieben und der Gewobag, die dem Verkehrsunternehmen ein Grundstück zur Verfügung gestellt hat. An der Daumstraße können sich die Bewohner Fahrräder, Elektroroller und Autos über die Jelbi-App ausleihen. Patrick Isensee, Projektmanager für Mobilität bei der Gewobag, sagt: „Car-Sharing wird angenommen. Die Leute haben das Konzept inzwischen verstanden.“